Ich wage mich selten an – auch im weiteren Sinne – politische Themen, zu viel Angriffsfläche, manchmal zugegebenermaßen zu viel Halbwissen meinerseits. Auch das wichtige Thema Feminismus und Geschlechterrollen findet natürlich in meinem Alltag statt, mit Fragen aufwerfen und Statements setzen habe ich mich aber immer eher zurückgehalten. Vielleicht auch bedingt durch meine Jugend in einer Kleinstadt, in der diese Thematik (noch) nicht sehr präsent war.
Nun lebe ich seit 2011 in Berlin. Und an neueren Debatten wie der ums Gendern kommt man sowieso nicht vorbei. Mein Freund*innenkreis hier ist ebenfalls größtenteils sehr klar und nach außen tragend beim Thema Feminismus. Das hat dazu geführt, dass mir mittlerweile im Hinblick darauf im täglichen Leben sehr viel mehr – negativ – auffällt, als das noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen wäre. Große, vielfach be- und angesprochene und sich leider weiterhin noch lange nicht geänderte Probleme wie der Gendergap beim Gehalt hier mal außen vorgelassen. Es war kürzlich ein einzelner Satz von einem Tierarzt, der mich zu diesem Text veranlasst hat. Es ging darum, ob ich nach einer Operation meines Zwergspitzes mit ausgeprägtem Trennungsstress – der sich in Bellen, Jaulen bis hin zum Übergeben schon geäußert hat – während der Aufwachphase dabei sein dürfte. Die Antwort:
„Man neigt ja dazu, kleine Hunde zu verhätscheln […]“.
Dass „Kleiner Hund“-Begründungen bei mir mittlerweile auf genervten Widerstand stoßen, war für mich nichts Neues. Ein weiterer Gedanke, der mir aber ziemlich schnell kam, war, ob ich diese Antwort auch bekommen hätte, wenn ich ein (hetero-)sexueller Mann wäre, der mit seinem Pomeranian diese Frage gestellt hätte. Vielleicht ja! Vielleicht auch nicht… Ein Grund, warum ich mittlerweile einen Buzzcut trage und bei manchen Terminen, wie beispielsweise beim Tierarzt, weniger als eher feminin gesehene Kleidung trage, ist, dass ich das Gefühl habe, sonst mit meinem flauschigen, kleinen Hund nicht richtig ernst genommen zu werden.
Und auf all diese Gedanken folgte dann in meinem Kopf die Frage, ob ich jetzt etwas übertreibe. Vielleicht steckten auch nur die eigene Erfahrung oder das eigene Verhalten hinter der „Verhätscheln“-Antwort? Manchmal finde ich es anstrengend, anstrengender als in meiner früheren, naiveren Unwissenheit, über so viele Dinge nachzudenken. Klar ist mir aber gleichzeitig natürlich auch, wie wichtig, richtig und sinnvoll selbiges ist…
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