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Drogenrausch - Ein Leben ohne Alkohol

Autorenbild: Barbara BeckerBarbara Becker

Aktualisiert: 8. Dez. 2023


 ChatGPT Eine Person sitzt im Gras, trägt eine kurze Hose und einen Kapuzenhoodie, dessen Kapuze über das Gesicht gezogen ist. Die Person hält eine Spritze in der Hand und ist gerade dabei, sich etwas zu injizieren. Vor ihr steht eine Bierflasche.

Vor einiger Zeit habe ich in einer zugegeben ziemlich provokanten Social-Media Story dazu aufgerufen, dass ich auf der Suche nach einer oder einem ProtagonistIn sei, die sich vor der laufenden Kamera anonym Heroin spritzen möchte, welches ich auch bezahlen würde.


Natürlich und zum Glück wurde ich von vielen Menschen auf diesen Aufruf angesprochen. Man merkte, dass meine Follower auf das Thema Heroin sehr sensibilisiert sind, da Heroin eine gefährliche Droge ist, welche zu einer Suchterkrankung führen kann.

Den selbigen Post mit der gleichen Wortwahl habe ich drei Tage später gemacht, allerdings habe ich hier das Wort Heroin gegen Bier und spritzen gegen trinken ausgetauscht. Die Reaktionen hierzu waren wie zu Erwarten:

"Geil! Babsie gibt ne Runde!" "Klar, mache ich." "Ich mache es für 4 Bier!"

Und noch viel mehr.

Ist das nicht paradox? Warum fühlen sich Menschen bei der einen Droge so getriggert und die andere Droge wird gefeiert? Das Gefährliche an Drogen ist die Suchterkrankung, die mit dem Konsum einhergehen kann. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten der Abhängigkeit: Die substanzgebundene Abhängigkeit (Alkoholsucht, Heroinsucht, ...) und die substanzungebundene Abhängigkeit (sogenannte Verhaltenssüchte, Magersucht, Sexsucht, ...).

Nun ist es so, dass bei einem Hüftbruch zum Beispiel, man in einigen Ländern über Wochen manchmal sogar über Monate Diamorphin verabreicht bekommt, was nichts anderes ist als: Heroin. Diamorphin ist sogar um einiges stärker als Heroin, welches man auf der Straße bekommt, da es nicht mit Streckmitteln verunreinigt ist. Jetzt könnte man natürlich meinen, dass alle nach einer Hüftoperation zum Junkie werden. Das ist aber nicht der Fall.

Unser aktuelles Verständnis zum Thema Abhängigkeit beruht auf eine Reihe von Experimenten, die Anfang des 20. Jhd durchgeführt wurden. Hierzu hatte man Ratten alleine in einen Käfig gesperrt und gab Ihnen 2 verschiedene Trinkflaschen. Die eine war mit Leitungswasser gefüllt und in die andere war mit Heroin oder Kokain versetzt. Viele Ratten entwickelten eine Sucht nach dem Drogenwasser und tranken es so exzessiv, bis sie sich damit umbrachten. Der Psychologieprofessor Bruce Alexander bemängelte an diesem Experiment, dass die Ratten einzeln in die Käfige gesperrt wurden. So machte ein in den 70ern ein neues Experiment. Er baute ein Rattenparadies mit tollem Untergrund und viel Spielzeug. Sie wurden auch nicht alleine, sonder mit anderen Ratten zusammen gehalten. Er stellte auch zwei Trinkflaschen auf. Eine mit Leitungswasser, die andere wurde wieder mit Drogen versetzt. Das Ergebnis war verblüffend. Die Ratten zeigten kaum Interesse an dem Drogenwasser. Keine von Ihnen trank es zwanghaft oder starb an einer Überdosis.

Im Vietnamkrieg konsumierten 20 % der amerikanischen Truppen regelmäßig Heroin. Man befürchtete, dass nach Ende des Krieges Amerika ein großes Problem mit Heroinjunkis bekommen würde. Aber das war nicht so. Die meisten hörten einfach auf, nachdem sie wieder zu Hause sein konnten. Viele hatten noch Nichteinmal Entzugserscheinungen.

Mit unserem traditionellen Verständnis von Abhängigkeit können wir uns das nicht erklären, aber mit der Theorie von Professor Alexander schon.

Anscheinend spielt nicht nur die Substanz eine wichtige Rolle, sondern auch der Käfig, indem man sich befindet.

Die meisten von uns kennen es bestimmt. Hier mal ein Glas Wein, da mal eine Flasche Sekt. Das Bier schmeckt doch auch einfach zu gut. Viele von uns und auf jeden Fall auch ich, haben schon einmal so viel getrunken, dass sie die Kontrolle über den eigenen Körper verloren haben. Filmriss - aber der Abend war so lustig.

Ein Leben ohne Alkohol

Vor einiger Zeit habe ich für über 9 Monate auf Alkohol komplett verzichtet. Mir war nicht danach. Ich war psychisch und gesundheitlich nicht so auf der höhe und wollte mich auf meine Genesung konzentrieren. Als ich Anfing, nüchtern zu bleiben und auf Partys, Hochzeiten, Geburtstagen und auch beim gemeinsamen Dinner anfing, keinen Schluck Alkohol zu trinken, war mir nicht bewusst, dass das schwierigste dabei - die Fragen der anderen sein werden:

"Wie, du trinkst nichts? - abwertende Blicke -"

"Also einen kannst du ja wohl mit trinken!" "Barbara, wann bist du denn so langweilig geworden?" Ich war mich pausenlos am Rechtfertigen, warum ich auf diese Droge verzichte. Die meisten haben immer wieder versucht, mich umzustimmen mit ihnen zu trinken. Es war für sie ein größeres Problem, dass ich nüchtern bleibe, als für mich.

Aber was ist, wenn ich alkoholkrank werde? Habe ich dann immer noch einen Platz in unserer Gesellschaft verdient?

Ich möchte mich selbst hier nicht rausnehmen. Ich habe selber auch schon oft genug Leute zum Trinken ermutigt. Oft ohne drüber nachzudenken, was das eigentlich bedeutet.

An dieser Stelle Frage ich mich gerade, was passiert mit dir, was fühlst du, wenn wir den Alkohol durch eine andere Droge ersetzen. Zum Beispiel Heroin. Stell dir vor, die Leute hätten zu mir gesagt: "Wie, du spritzt nicht? - abwertende Blicke -" "Also einen Schuss kannst du ja wohl setzen!" "Barbara, wann bist du denn so langweilig geworden?"

Für mich fühlt sich beides nicht gut an. Leider ist es in unsere Gesellschaft so, dass Alkohol eine anerkannte Droge ist. Wir missbrauchen es oft schon im jungen Alter, ohne genau zu wissen, was wir uns damit antun. Ein Bekannter von mir, Allgemeinmediziner, antwortete auf meine Frage, was Schlimmer sei, Heroin oder Alkohol mit: "Barbara, beides ist scheiße. Als ich verstanden habe, was Alkohol mit meinem Körper anrichtet, habe ich keinen Schluck mehr getrunken."

Alkoholsucht ist ein großes Problem in Deutschland. 7,9 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Ein problematischer Alkoholkonsum liegt bei etwa 9 Millionen Personen dieser Altersgruppe vor (ESA 2021). Dabei schätzt die Drogenbeauftragte des Bundes, dass in Deutschland 120.000 Heroinsüchtige leben. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir Abhängigkeit neu betrachten. Dass wir aufhören, Drogen zu differenzieren und uns auf das eigentliche Problem konzentrieren: die Suchterkrankung, die solche Substanzen mit sich bringen. Anstatt Menschen dabei zu helfen, gesund zu werden und ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, werden sie von der Gesellschaft ausgeschlossen und verachtet. Wir bestrafen sie mit Gefängnis. Ja, wir stecken sie in Käfige.

Wir übersehen dabei oft die Rolle der Gesellschaft, die bei dem ganzen Prozess mit verantwortlich ist. Wir sollten aufhören, Menschen so schnell zu verurteilen, ihnen erst mal zu hören.


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